10. Station: Deinhardplatz 4 - Eheleute Dr. Edwin und Julie Landau 

Gehen wir nun von der Schlossstraße das Schlossrondell weiter entlang und biegen dann nach links in die Straße „Neustadt“ ein.

Nach ca. 100 Metern kommen wir zum Deinhardplatz 4. Hier ist das „Nebengebäude“ des Justizzentrums Koblenz. Das Haus Deinhardplatz 4 ist ein recht altes, gut restauriertes Gebäude. Es ist der Sitz des Verfassungsgerichtshofs von Rheinland-Pfalz, des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und des Verwaltungsgerichts Koblenz. 

Haus Deinhardplatz 4.

Im hinteren Bereich wurde vor 10 Jahren ein großer Komplex angebaut und zu einem Justizzentrum erweitert.


Stolpersteine für Dr. Edwin und Julie Landau.

Hier lebte die Familie Landau. Das war eine jüdische Familie, die seit vielen Jahrzehnten im Rheinland ansässig war. Der Vater von Dr. Edwin Landau, Kommerzienrat Heinrich Landau, hatte um 1860 dieses repräsentative Haus in der Nähe des Schlosses (früher Neustadt 4, heute Deinhardplatz 4) und neben dem Haus seines Freundes Kommerzienrat Bernhard Seligmann (Neustadt 5) und dem Stammhaus der Sekt- und Weinkellerei Deinhard (früher Neustadt 3, heute Deinhardplatz 3) errichten lassen.


Der Salon im Haus der Familie Landau. 

Hier wuchsen Heinrich Landaus Söhne, der 1923 als Oberlandesgerichtsrat in Düsseldorf verstorbene Emil und Edwin, auf. Edwin machte sein Abitur am Kaiserlichen-Augusta-Gymnasium (heute: Görres-Gymnasium), studierte Rechtswissenschaften, legte sein erstes juristisches Staatsexamen ab, promovierte in dem anschließenden Referendariat zum Dr. jur. und war nach dem zweiten juristischen Staatsexamen Amtsgerichtsrat beim Amtsgericht in Koblenz.

Um 1900 heiratete er seine Frau Julie, eine Bankierstochter aus Wien. Schon bald stellte sich Nachwuchs ein. 1902 kam Tochter Ilse zur Welt, 1904 Sohn Edwin Maria. Die Landaus gehörten zur „besseren Gesellschaft“ von Koblenz. Dr. Landau war wie schon sein Vater Mitglied der Casinogesellschaft und auch Vorsitzender des Vereins der Musikfreunde Koblenz. Bei ihnen zu Hause verkehrten alle großen Musiker und Komponisten der Zeit, von Clara Schumann bis Paul Hindemith.

Dr. Landau war auch Soldat im Ersten Weltkrieg – Rittmeister, also Offizier bei der Kavallerie, entsprechend dem Dienstgrad Hauptmann bei den Fußtruppen. Nach dem Krieg kehrte er wohlbehalten nach Koblenz zurück. Er war dann wieder Amtsgerichtsrat hier und ging Mitte der 1920er Jahre in den Ruhestand.

Altersfotos von Dr. Edwin und Julie Landau.

Tochter Ilse wurde Physiotherapeutin und arbeitete in Koblenz.


Ilse Landau (Altersfoto).

 

Dr. Edwin Maria Landau (Altersfoto).

Sohn Edwin Maria studierte Literaturwissenschaften und anderes mehr, wurde promoviert und gründete Anfang der 1930er Jahre in Berlin den Verlag „Die Runde“. 

Schon bald begannen die Schikanierungen, vor allem der Kinder und gerade in ihren Berufen. Sohn Edwin Maria durfte wegen seiner jüdischen Herkunft nicht mehr den Verlag leiten. Tochter Ilse verlor wegen ihrer jüdischen Herkunft ihre Arbeitsstelle.

Daraufhin zog Ilse nach Berlin und heiratete dort den Landgerichtsrat Dr. Friedrich Oppler, der ebenfalls jüdischer Herkunft war. Allein in Koblenz hielten es die alten Eltern Landau hier nicht mehr aus. Sie verkauften ihr Haus zu einem Spottpreis und zogen zu ihrer Tochter und deren Ehemann nach Berlin. 

Sohn Edwin Maria emigrierte 1938 nach England. Bei einem Aufenthalt in Frankreich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er dort als „unerwünschter Ausländer“ interniert. Er kam in mehrere Internierungs- und Arbeitslager, konnte dann aber nach wiederholten vergeblichen Versuchen in die Schweiz flüchten. Tochter Ilse und ihr Ehemann sahen nach dessen Entlassung als Richter keine Perspektive mehr und flohen noch rechtzeitig aus Hitler-Deutschland nach Brasilien. 

Damit waren die alten Eheleute Landau wieder allein. Ende 1941 starb Dr. Edwin Landau vereinsamt in Berlin eines natürlichen Todes. Seine Frau Julie überlebte ihn nur um ein halbes Jahr. Angesichts der drohenden Deportationen „nach dem Osten“ schied sie freiwillig aus dem Leben.

Die beiden Kinder Landau überlebten. Tochter Ilse und ihr Mann kehrten nach dem Krieg nach Berlin zurück. Sohn Dr. Edwin Maria Landau blieb in der Schweiz, heiratete dort, hatte zwei Söhne und war ein bekannter und vielfach geehrter Übersetzer und Schriftsteller. Im Jahr 1983 wurde er in seiner Geburtsstadt Koblenz erster Träger des neugeschaffenen Kulturpreises der Stadt Koblenz.

 

Dr. Edwin Maria Landau (Bildmitte) bei der Überreichung des Kulturpreises der Stadt Koblenz
durch Oberbürgermeister Willi Hörter (rechts), 1983.


Wer mehr über die Familie Landau erfahren will, dem empfehlen wir:

HIER die Kurzbiografie von Familie Landau auf unserer Homepage