7. Station: Görgenstraße 11 / Clemensstraße 32 - Familie Alfred Bernd 

Wir überqueren jetzt die Görgenstraße. Dort liegen an der Grenze des Hauses Görgenstraße 11 (Koblenzer Wohnbau) und der Clemensstraße 32 ( Hotel "Super 8 by Wyndham Koblenz") vier Stolpersteine. Sie sind für die Familie Alfred Bernd.

 

4 Stolpersteine für die Familie Bernd,
für Vater Alfred, Mutter Else, geb. Dachauer, und deren Zwillinge Johanna und Bernhard.

Die Bernds lebten nachweisbar seit 1800 in Koblenz. Hier wurde 1886 der Vater Alfred Bernd geboren. Er war der jüngere Sohn von Alfred „Abraham“ Bernd. Abraham Bernd hatte in Jahr 1876 ein Schuhgeschäft gegründet, das Schuhhaus Bernd in der Balduinstraße 41. Später übergab er das Geschäft seinen beiden Söhnen, dem jüngeren Alfred und dem älteren Sally. Beide betrieben das Schuhhaus zuletzt in der Görgenstraße/Ecke Balduinstraße, mit der Adresse Balduinstraße 37 und unter der Firma „Gebrüder Bernd Schuhgeschäft“. 


Alfred Bernd.

Alfred Bernd heiratete seine Ehefrau Else, geb. Dachauer. Sie stammte aus dem mittelfränkischen Eichstätt. Aus der Ehe gingen die 1926 geborenen Zwillinge Johanna und Bernhard hervor. Die Familie wohnte hier in dem Geschäftshaus. 

 Die Bernd-Zwillinge Johanna und Bernhard.

Johanna auf dem Zaun sitzend, Bernhard rechts, mit der Hand an der Hose.

Bei dem Novemberpogrom (9./10. November 1938, „Reichspogromnacht“) wurde auch die Wohnung der Bernds verwüstet. Alfred Bernd und sein Bruder Sally wurden – wie etwa 30.000 jüdische Männer – in Konzentrationslager verschleppt, die Brüder Bernd in das KZ Dachau bei München. Nach einigen Wochen kamen die beiden wieder frei

Zugangsbuch des Konzentrationslagers Dachau mit der Registrierung von Alfred Bernd als Häftling Nr. 26993
(Quelle: Lizenz: Digitales Archiv, ITS Bad Arolsen).

Karteikarte des Konzentrationslagers Dachau betr. Alfred Bernd (Häftlingsnummer: 26993)
(Quelle: Lizenz: Digitales Archiv, ITS Bad Arolsen).  

Daraufhin verließ Adolf (Addie), der Sohn von Sally Bernd, Koblenz, ging nach Köln und wurde dort als Jude dienstverpflichtet. Er war der Einzige der Familie Bernd, der überlebte.

Alfred Bernd, seine Familie und sein Bruder Sally sowie dessen Frau Paula kamen mit der 1. Deportation von Juden aus Koblenz und Umgebung am 22. März 1942 vom Bahnhof Koblenz-Lützel aus auf Transport „nach dem Osten“.

Am Tag zuvor hatten sich diese Menschen – Männer, Frauen und Kinder - in der Schule in der Steinstraße in Koblenz-Rauental einzufinden. Sie wurden registriert und listenmäßig erfasst. Ihr Gepäck kontrollierte man und sie selbst wurden körperlich durchsucht. Für die Gestapo Koblenz war das eine große Aufgabe – nicht nur hinsichtlich der Planung und Organisation der Deportation, sondern auch hinsichtlich deren praktischer Durchführung. Wohl sämtliche SS-Männer der Koblenzer Gestapo und auch Kriminalbeamte waren im Einsatz. Denn die Steinschule musste abgesperrt und diese große Menschengruppe bewacht werden. Die Unterbringung in der Turnhalle war armselig, die Gestapo hatte gerade einmal Stroh besorgt, damit sie nicht auf dem blanken Steinboden nächtigen mussten.

Am nächsten Tag, es war ein Sonntag, wurden die Juden von den Gestapo- und SS-Leuten zum Abmarsch angetrieben. Sie nahmen die ihnen gelassenen Habseligkeiten und marschierten familienweise in Richtung Bahnhof Lützel. Dort wurden die 338 Juden aus Koblenz und Umgebung „verladen“. Die von der Gestapo Koblenz für den Transport erstellte Liste nennt ihre Namen, ihr Geburtsdatum und ihren Geburtsort sowie ihre letzte Adresse vor der Deportation.

Der Bahnhof von Koblenz-Lützel, heute.

Das Verladen geschah auf der Rampe in Personenwagen der 4. Klasse des Sonderzuges Da 17 der Deutschen Reichsbahn. Diese Sonderzüge der Reichsbahn bildeten eine eigene Kategorie „Da“ – das stand wohl für „David“. Sie hatten eigene Fahrpläne und waren meist „Russenzüge“, mit denen Russen, Ukrainer u.a. zur Zwangsarbeit in den Westen verschleppt wurden. Mit den Juden fuhren sie dann wieder zurück „nach dem Osten“. 

Der Sonderzug Da 17 fuhr nach Köln, Düsseldorf und dann durch das Ruhrgebiet. Zielort war das Durchgangsghetto Izbica bei Lublin in dem von den Deutschen besetzten Polen.