Stolperstein-Patenschaften (v. 1.7.2012)
„Eine gute Idee wird jetzt nach und nach umgesetzt!“ Herr Heinz Rinck vom Förderverein Mahnmal Koblenz freut sich, dass sein Angebot an die Koblenzer Jugend und Schulklassen sowie ihre Lehrer tatkräftig aufgegriffen wird. Schon seit einiger Zeit bedauert er es, dass sich die Koblenzer Schulen nicht deutlich sichtbar für die Gedenkarbeit einsetzen. Dabei weiß er, dass hier und da von einer/m oder anderen/m Lehrerin/Lehrer und auch der einen oder anderen Schulleitung gute Arbeit in diesem Bereich geleistet wird. Aber das war und ist ihm zu wenig. Dabei verfügt der Förderverein Mahnmal mit seinen inzwischen 94 Lebensbildern von NS-Opfern aus Koblenz und Umgebung, mit seinen vier Filmen, dem Buch „Hundert Jahre Musik der Reinhardts - Daweli erzählt sein Leben“ von Joachim Hennig, zahlreichen Aufsätzen und den weiteren vielfältigen Aktivitäten über eine Fülle von Anschauungs- und Informationsmaterial. Inzwischen sind im Stadtgebiet von Koblenz auch 79 Stolpersteine des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt. Auch sie — über die man auf den Bürgersteigen der Stadt „stolpern“ soll - können ein Anstoß sein, sich näher mit den Schicksalen von Menschen aus Koblenz zu beschäftigen, die Opfer des NS-Terrors geworden waren.
Dann kam Heinz Rinck die zündende Idee, beides miteinander verbinden: Die Stolpersteine und die weitergehenden Informationen und für beides die jungen Leute in Koblenz gewinnen. Dies sollte nun nicht nur theoretisch im Klassenzimmer erfolgen, sondern praktisch, draußen, in der Öffentlichkeit und ein Zeichen setzen. Dazu bot es sich an, dass einzelne Schulklassen oder Schulen sich für die in Koblenz verlegten Stolpersteine verantwortlich fühlen. Sie könnten diese, die im Laufe der Zeit nicht mehr so schön in ihrer Messingfarbe erstrahlen, putzen und sich dabei, vorher und nachher mit den Schicksalen der Koblenzer, für die sie verlegt wurden, beschäftigen. Es sollte eine „Putzaktion“ mit Hintergedanken sein, diese nur der Anfang für eine nähere Beschäftigung mit den Menschen sein. Über die Einzelschicksale hinaus ermöglicht dies einen Einstieg in die Geschichte des Nationalsozialismus, in die jüdische Geschichte, in die Geschichte der Ausländer in Deutschland; auch Themen wie Toleranz, Minderheiten, Menschenrechte, Anpassung und Widerstand, Neonazis u.a. können sich anschließen. Damit tut sich für den, der sich darauf einlässt, ein breites Feld auf. Hier ist exemplarisches Lernen möglich getreu dem Wahlspruch des in Bad Ems geborenen Sozialisten, Reformpädagogen und Widerstandskämpfer Adolf Reichwein: „Lernen mit Herz, Hand und Verstand.“
Der Förderverein Mahnmal griff diese Idee gern auf und knüpfte Kontakte. Inzwischen haben der Verein und Herr Rinck auch die Stadtverwaltung Koblenz für diese „Putzaktionen“ gewinnen können. Der Kultur- und Schuldezernent Detlef Knopp schrieb daraufhin alle Koblenzer Schulen an und wollte damit vor allem Sozialkundelehrer, Religionslehrer, Deutsch- und Geschichtsiehrer für das Vorhaben gewinnen. Die Resonanz war zunächst bescheiden — was vielleicht auch daran gelegen haben mag, dass die Aktion nicht so ohne weiteres in einen eng begrenzten Stundenplan passte. Inzwischen haben aber schon mehrere Schulen Stolpersteine geputzt und Patenschaften übernommen.
Den Anfang machten die Hans-Zulliger-Schule und die Diesterweg-Schule, dritte im Bunde war die Carl-Benz-Schule mit dem Lehrer Alois Wehrhausen. Die Resonanz auch in der Öffentlichkeit war beträchtlich. Nicht nur die Zeitungen vor Ort berichteten über die „Putzaktionen“, sondern auch der regionale Fernsehsender tv-mittelrhein. Sogar der höchste Richter des Landes Rheinland-Pfalz, der vor kurzem ernannte Präsident des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz Dr. Lars Brocker, beteiligte sich als Hausherr am Deinhardplatz 4 an der Aktion. Zur Erinnerung an das bis 1936 dort wohnende jüdische Ehepaar, den jüdischen Amtsgerichtsrat Dr. Edwin und seine Frau Julie Landau, und als Botschaft für uns heutige griff auch er zur Kreide und schrieb auf das Pflaster an ihren „Stolpersteinen“: „Der Mensch ist frei!“
Inzwischen haben weitere Schulen und Lehrer ihr Interesse an solchen Patenschaften bekundet. Es ist dem Vorhaben und den Menschen, für die die Stolpersteine verlegt sind, zu wünschen, dass sich nach den Ferien weitere Schulen und Lehrer an Herrn Rinck wenden und konkrete Absprachen treffen.
Presseartikel hierzu:
Lokal Anzeiger Koblenz vom 23.Mai 2012 - Bericht zum Thema HIER lesen und Lokal Anzeiger vom 18. Mai 2012 HIER lesen
Blick Aktuell vom 26.Mai 2012 - Bericht zum Thema HIER lesen
Lokal Anzeiger Koblenz vom 20.Juni 2012 - Bericht zum Thema HIER lesen
Rhein-Zeitung -Ausgabe Koblenz - vom 21. Juni 2012 - Bericht zum Thema HIER lesen
Blick Aktuell vom 23.Juni 2012 - Bericht zum Thema HIER lesen
Artikel von SuperSonntag 7/8 Juli 2012 HIER lesen
Die Stolpersteine von Else und Alfred sowie Johanna und Bernhard Bernd in Koblenz Ecke Görgenstraße / Clemensstraße, neben der Commerzbank (s.o. Artikel Supersonntag) Fotografiert von Mathijs Langkemper / Amsterdam
5. Verlegeaktion von „Stolpersteinen“ in Koblenz. +Update v.3.09.2011+ (v. 3.9.2011)
Am Samstag, dem 27. August 2011, werden zum Auftakt des „Heimatbesuchs“ ehemaliger Koblenzer und Vallendarer jüdischer Bürger wieder „Stolpersteine“ des Kölner Künstlers Gunter Demnig verlegt. Es ist inzwischen seit dem 27. Januar 2007 die 5. Verlegeaktion. Diesmal sind die „Stolpersteine“ ausschließlich jüdischen Opfern aus Koblenz: Zwei Steine für Bela Forst und Rita Alexander in der Schlossstrasse 1 (dort war die Kinderklinik von Dr. Reich), ein Stein für den Ersten Staatsanwalt Dr. Georg Krämer in der Bismarckstraße 6b, ein Stein für Alfred Schlochauer in der Schenckendorfstraße 14, zwei Steine für Alfred Stern und seine Frau Ida Bertha, geb. Salomon, ein Stein für Kurt Rosenblatt in der Görgenstrasse 31, vier Steine für die Familie Ramler: Markus, Paula, geb. Kruk, Manfred und Hellmut in der Löhrstraße 28 sowie ein Stein für Ernst Albert Wolff in der Weißergasse 28.
Die Verlegung der „Stolpersteine“ beginnt um 10.00 Uhr in der Schlossstrasse 1 (gegenüber der Industrie- und Handelskammer sowie am Eingang des Buga-Geländes) in Anwesenheit von Oberbürgermeister Prof. Dr. Joachim Hofmann-Göttig. Eine Schülergruppe aus Vallendar mit Frau Rademacher wird die Verlegung mitgestalten. Initiatoren der Aktion sind die Christlich- Jüdische Gesellschaft für Brüderlichkeit in Koblenz (federführend), der Förderverein Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz sowie der Freundschaftskreis Koblenz – Petah Tikva. In den bisherigen vier Aktionen sind 66 „Stolpersteine“ verlegt, mit der neuerlichen Verlegung werden es dann 78 Steine sein.
Stolpersteine werden verlegt in:
- Schlossstraße 1 (gegenüber der IHK) 2 Steine (in Ergänzung bisheriger Verlegungen) für Bela Forst und Rita Alexander.
- Bismarckstraße 6 b (1 Stein) für Dr. Georg Krämer.
- Schenkendorfstraße 14 (1 Stein) für Alfred Schlochauer.
- Görgenstraße 6 (2 Steine) für Alfred Stern und Ida Bertha Stern geb. Salomon.
- Görgenstraße 31 (1 Stein) für Kurt Rosenblatt.
- Löhrstraße 28 (4 Steine) für Markus Ramler, Paula Ramler geb. Kruk, Manfed Ramler und Hellmut Ramler.
- Weißergasse 28 (1 Stein) für Ernst Albert Wolff.
Bilder von der Stolpersteinverlegung:
Einen lesbaren Bericht der Rhein-Zeitung, Ausgabe Koblenz v. 29.08.2011 finden Sie HIER
Einen lesbaren Artikel der Wochenzeitung "Blick aktuell" Nr. 36/2011 finden Sie HIER